Dokumente gegen den Krieg

Inhalt:

Soldatengottesdienst 1999

Als erstes stirbt die Wahrheit

"Christentum und Krieg"

 

Auf einem Transparent des Deutschen Freidenker-Verbandes anlässlich des Soldatengottesdienstes in Köln 21. 1. 1999 mit Kardinal Meisner war zu lesen:

"Nie wieder Krieg! Schutz des geborenen Lebens"

 

Soldatengottesdienst 1999

200 Demonstranten kamen zu Meisners Soldatengottesdienst in Köln am 21.1.99. Wie auch im letzten Jahr hatten sich viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer etwas einfallen lassen und brachten ein eigenes Schild oder Transparent mit. Da war zu lesen "Meisner an die Front" oder "Erst beten dann töten?". Das Bündnis war bunt: Sozialisten, Pazifisten und Christen.

Der Deutsche Freidenker-Verband fiel mit einem riesigen, vier Meter hohen Transparent schon von weitem auf: "Nie wieder Krieg - Schützt das geborene Leben" konnten da die 1500 anrückenden Soldaten lesen. Es wurde schon etwas kalt, da rückte Kardinal Meisner an. Unter vielen Protestrufen zog die Prozession in den Dom ein und der Kardinal segnete die Soldaten für den Krieg. In der Zwischenzeit gab es vor dem Dom ein kleines linkes Kulturprogramm, Musik und Reden. Auch hier hatten sich die Teilnehmer etwas einfallen lassen.

Die Gruppe "Pax an" z.B. führte einen Sketch mit Meisner auf. Junge Frauen aus Düsseldorf sangen böse Lieder. Es sprachen Detlev von Kirchbach, Volker Adam von der VVN/BdA und Ellen Diederich vom Internationalen Frauenfriedensarchiv.

Schließlich kam der Kardinal aus dem Dom und zog mit dem Kreuz und unter den Protestrufen "Mit Meisners Segen in den Kugelregen. zu seinem Auto und fuhr von dannen.

Die anschließende Diskussion mit den Soldaten kam dann etwas zu kurz, wie einige Demonstranten meinten. Auch wenn die ,Kölnische Rundschau' meint, dass sich der Kardinal "weniger krass als in der Vergangenheit" äußerte, wozu es keinen Beleg gibt, er machte es nur geschickter. So werden weitere Demonstrationen gegen den Soldatengottesdienst in den nächsten Jahren von Nöten sein.

Jörg Detjen. Freidenker 1-99

 

 

 

Als erstes stirbt die Wahrheit

Propaganda und psychologische Kriegsführung

 

Fast ist es so wie in George Orwells Roman 1984. Der britische Autor beschreibt die Umdeutung der Begriffe in einer Gesellschaft, die der hiesigen nicht unähnlich erscheint. Dort ist "Unwissenheit' gleich "Stärke" und "Krieg" gleich "Frieden". Orwell schrieb in weiser Voraussicht. Krieg, so versichern heute auch William Clinton, Javier Solana und Josef Fischer, ist Frieden. Das Neue Deutschland schreibt ironisierend von "Menschenrechtsbombern" und "Friedenstruppen".

Nach Ansicht von Heidrun Kämper, Mitarbeiterin im Institut für deutsche Sprache in Mannheim, pflegte die NATO zumindest bis Ostern eine "sanfte" Sprache, da die Akzeptanz für die Bombenangriffe in der Öffentlichkeit nicht besonders hoch sei. "Deswegen scheut man sich zu sagen: Wir führen Krieg. Statt dessen formuliert man weicher: Wir verteidigen die Menschenrechte", so die Sprachwissenschaftlerin.

Die Medien spielen hierbei eine zentrale Rolle. Wie in allen Kriegen stellen sie sich größtenteils in den Dienst der Propaganda und psychologischen Kriegsführung der einzelnen Kriegsparteien. "Es geht darum, die jeweilige Bevölkerung und die so genannte Weltöffentlichkeit von der Notwendigkeit des eigenen Einsatzes zu überzeugen", erklärt Knut Hickethier, Medienwissenschaftler an der Universität Hamburg. Eine besondere Rolle schreibt er den visuellen Medien zu. "Seit Vietnam weiß man, dass Bilder eine eigene Dynamik entwickeln, unabhängig von den begleitenden Kommentaren", sagt Hickethier. Die Bilder von vietnamesischen Frauen und Kindern, die vor US-amerikanischen Napalmbomben fliehen, haben sich tief in das visuelle Gedächtnis der 68er eingegraben und letztendlich auch wesentlich zur Mobilisierung gegen den Vietnamkrieg beigetragen.

"Deshalb sind die Militärs heute vorsichtiger", meint der Medienwissenschaftler. Die NATO zeige vor allem "standardisierte Bilder ihrer Waffen und die Ergebnisse dieses militärischen Apparates, dargestellt durch große Brände und Bombardements". Außer den Treffern der NATO-Bomber auf Flughäfen, Militäreinrichtungen, Brücken und Industrieanlagen - allesamt verharmlosend als "chirugische Eingriffe" bezeichnet - erfährt der Medienkonsument wenig bis gar nichts über den Serbien-Feldzug. Die Zahl der bisherigen Opfer in Serbien ist völlig unbekannt. Bis zum ersten April schätzte Moskau die Menschenopfer auf tausend. Der Oberkommandierende der NATO, Wesley Clark, hält dies für "weit übertrieben". "Wir können fast über jede Bombe Rechenschaft ablegen", unterstreicht der General seine Aussage. Nur die Öffentlichkeit erfährt darüber nichts, denn die Auswertung erfolgt hinter verschlossenen Türen.

Ähnlich verhält es sich mit den Flüchtlingszahlen. Nach Ansicht des Medienforschers Friedrich Krotz vom Hans-Bredow-Institut für Rundfunk und Fernsehen verfügen die Militärs über die notwendige Technik, um alle Truppen- und Flüchtlingsbewegungen im Kosovo feststellen zu können. Nur würden diese Informationen nicht weitergegeben. Die Militärs sehen das natürlich anders und verweisen auf "unzureichende Aufklärungsergebnisse".

Die zuverlässigste Quelle für Angaben von Flüchtlingszahlen ist zur Zeit die Hohe Flüchtlingskommissarin Sagato Ogata. Sie spricht von ca. 600 000 Flüchtlingen aus dem Kosovo. Interpretationen für die Fluchtursachen haben die beteiligten Kriegparteien schnell parat: für die NATO und die albanische UCK sind es ausschließlich die Vertreibungsaktionen der jugoslawischen Armee und paramilitärischer Gruppen, laut serbischem Fernsehen bringen sich die Albaner hingegen vor den NATO-Bomben in Sicherheit.

Doch die Gier der Sensationsmedien nach blutrünstigen Geschichten ist schier unersättlich. Die ARD-Sendung Brisant berichtet von Fällen, in denen Flüchtlingen beim Grenzübergang finanzielle oder materielle Hilfe angeboten worden sei, wenn sie vor der Kamera Geschichten über Gräuel erzählten. Gezielte Propagandalügen sind für viele Fernseh- und Boulevardjournalisten ein gefundenes Fressen. Dabei spielt es keine Rolle, ob eine Story von den "Heldengeschichten unserer Jungs da draußen" oder von den "Barbaren und Schlächtern" sowie ihren "Gräueltaten" handelt.

Aufmerksame Zeitgenossen erinnern sich noch allzu gut daran, wie die Weltöffentlichkeit im allgemeinen und die der USA im speziellen dazu gebracht wurde, 1991 dem zweiten Golfkrieg gegen den Irak zuzustimmen. Ein junges Mädchen aus Kuwait berichtete vor laufenden Kameras mit Tränen in den Augen von irakischen Soldaten, die bei ihrem Einmarsch in einem kuwaitischen Krankenhaus Säuglinge aus ihren Brutkästen gerissen und auf den Boden geschleudert hätten. Der US-amerikanische Fernsehsender CNN sorgte dafür, das diese Bilder weltweit ausgestrahlt wurden. Später stellte sich heraus, dass alles gestellt war. Das zwölfjährige Mädchen war die Tochter eines kuwaitischen Ölscheichs und befand sich zur maßgeblichen Zeit in einem englischen Internat.

Auch aus dem Kosovo sind kaum unabhängige Informationen zu bekommen. Ende März meldete die NATO die "Hinrichtung" albanischer Intellektueller wie die des Rambouillet-Unterhändlers Fdhmi Agani und die des Zeitungsverlegers Baton Haxhiu. Zwei Tage später musste diese Information dementiert werden: die Totgesagten wurden von unabhängigen Zeugen unter den Lebenden gesichtet.

Eine der seriösen Quellen ist die Menschenrechtsorganisation "Human Rights Watch". Beim Grenzübertritt befrage sie individuell eine große Anzahl von Flüchtlingen, erklärt die Menschenrechtsorganisation gegenüber dem britischen Rundfunksender BBC. Wenn sie unabhängig voneinander dieselben Schilderungen eines einzigen Ereignisses geben, hält Human Rights Watch den Wahrheitsgehalt für sehr hoch. Nach ihren bisherigen Ergebnissen schätzt die Menschenrechtsorganisation die Lage im Kosovo wie folgt ein: es gibt zweifellos planmäßige ethnische Vertreibung. Dabei käme es vereinzelt auch zu Morden, auch gebe es Hinweise auf größere Mordaktionen. Sie reichten jedoch nicht aus, um von "Massakern" oder "Völkermord" zu sprechen.

Gerhard Klas

"Wenn es zum Kriege kommen sollte, so würde ich vorschlagen, dass aus diesen Kriegshetzern eine Brigade gebildet wird mit dem Titel 'Brigade zur Rettung der Ehre des Vaterlandes', und an der Stirn der Kopfbedeckung müssten die Worte stehen: 'Retter Vaterlandes'. Diese müssten zunächst in die Schlacht: die hetzenden Redakteure und Abgeordneten, die hetzenden Grossindustriellen, kurz, alle jene, die an der Kriegshetze beteiligt sind. Diese müssten in der Schlacht vorausgeschickt werden, um mit ihren meist doch ziemlich korpulenten Leibern zur Ehre des 'Vaterlandes das Feld zu decken." (August Bebel, 1911)

Strahlender Kosovo

Die NATO-Bomber haben bei ihren Flügen gegen Jugoslawien auch uranhaltige Munition an Bord. In einem Brief an Außenminister Joschka Fischer weist die Vorsitzende des Sprecherrats der Neuen Grünen Partei Jugoslawiens, Branka Josanovic, auf diesen Umstand hin. Die eingesetzten A1O-"Warthog"-(Warzenschwein)-Jets verschießen aus ihren Bordkartonen, wie US-amerikanische Kriegsgegner berichten, mit abgereicherten Uran ummantelte Geschosse. Bei deren Aufschlag verbrennt der radioaktive Stoff und bildet Uranoxid, das sich fein verteilt und eingeatmet werden kann. Auch die Marschflugkörper enthalten offensichtlich das schwach radioaktive Schwermetall zur Stabilisierung.

Ähnliche Munition war bereits 1991 im Krieg gegen den Irak eingesetzt worden. Die Internationalen Ärzte zur Verhinderung eines Atomkriegs (IPPNW) weisen daraufhin, dass in dem arabischen Land aufgrund der radioaktiven Belastung die Zahl der Totgeburten und Krebserkrankungen zugenommen hat, Inspektoren der Britischen Atomenergie Behörde AEA schätzten seinerzeit, dass im Irak mit 500.000 Toten als Langzeitfolge des Einsatzes uranhaltiger Munition zu rechnen ist. Diese Annahme basierte allerdings auf vermuteten 25 Tonnen Uran-Munition. Inzwischen wird jedoch eher davon ausgegangen, dass 300 Tonnen verschossen wurden. Nach Angaben der IPPNW klassifiziert die UNO derartige Geschosse als Massenvernichtungswaffen.

Bei den Militärs sind sie besonders wegen der physikalischen Eigenschaften des Urans geschätzt, das mehr als doppelt so dicht wie Eisen ist. Es macht die Geschosse deutlich schwerer und erhöht damit sowohl Tragweite als auch Durchschlagkraft. Außerdem ist es spottbillig, denn es ist ein Abfallprodukt der Herstellung von Kernbrennstoffen, das andernfalls als radioaktiver Sondermüll entsorgt werden müsste.

Sara Flounders, Co-Autorin eines Buches über abgereichertes Uran: "Die Verwendung der Uran-Munition droht, den Kosovo radioaktiv zu verseuchen. Das Pentagon legt denselben Leuten - und deren Kindern - die es zu retten vorgibt, radioaktiven Abfall vor die Tür." wop

aus: SoZ 8/15-4-99

 

 

Christentum und Krieg

Ein Vortrag von Detlev von Kirchbach, Journalist in Köln

Wenn wir uns mit der Kirche auseinandersetzen, die Waffen segnet, so müssen wir uns bewusst sein, dass die Kirche in den 1 1/2 Jahrtausenden, in denen sie auch ein politische Macht war, Waffen nicht nur gesegnet, sondern Waffen getragen und Kriege geführt hat.

Das Christentum war zunächst eine durchaus pazifistische Religion. Wer das Schwer führt, wird durch das Schwert umkommen." So hatte der mythologische Gründer de christlichen Religion der Bergpredigt zufolge gesagt. Auch die Evangelisten und die ersten Kirchenväter und die urchristlichen Gemeinden hielten an diese pazifistischen Ansatz fest.

Doch dies änderte sich radikal als Kaiser Konstantin zu Beginn des vierten Jahrhunderts das Christentum zur Staatsreligion der römischen Reiches erhob. Von nu an galt alles als Recht, was dem Kaiser, dem Imperium, dem Staat, der Macht nützt Welch ein Bruch! Noch um die Mitte des dritten Jahrhunderts, wenige Jahrzehnte von Konstantin, hatten sämtliche Kirchenautoritäten wie Justin, Datulian, Origines ode Cyprian jeglichen Kriegsdienst mit äußerster Schärfe abgelehnt und verworfen. Origines etwa verdammte um 250 den Soldatenstand insgesamt mit der Begründung, Jesu habe die Tötung eines Menschen unter keinen Umständen erlaubt. Der römisch Bischof Hypolid verbietet in einer Kirchenordnung im dritten Jahrhundert schon de bloßen Eintritt ins Heer." Wenn ein Getaufter Soldat werden will, soll er abgewiesen werden." So schreibt Hypolid, denn er hat Gott missachtet. Und Kirchenvater Cyprian schreibt, was auch von modernen pazifistischen Autoren stammen könnte Zitat: "Es trieft die ganze Erde von gegenseitigen Blutvergießen und begeht de Einzelne einen Mord, so ist es ein Verbrechen, Tapferkeit nennt man es, wenn da Morden im Namen des Staates geschieht." Noch Kirchenvater Lactans hatte 313 i seinem Hauptwerk "De Vinea Institutiones", die göttlichen Einrichtungen, jegliche Krieg und jeglichen Kriegsdienst verdammt. Doch er war auch der erste, der sich von sich von diesem christlichen Pazifismus zurückzog. Erhielt er doch das groß Privileg, den Sohn Kaiser Konstantins erziehen zu dürfen. In einer späteren Neuausgabe der "De Vinea Institutiones" fehlt jeder Hinweis auf die Verwerflichkeit von Krieg und Kriegsdienst. Und die Entwicklung vom christlichen Pazifismus weg zu christlichen Kriegsdienst und zur christlichen Kriegsweihe vollzieht sich mit radikaler Geschwindigkeit.

Schon 314 beschloss die Synode von Arilatea die Exkummonikation von fahnenflüchtigen Soldaten. Und ab 317 zog das so genannte Labrum, das Feldzeichen mit den Initialen Christi auf der Fahnenspitze, den römischen Heeren in den Kampf voran. Aus de christlichen Friedenspredigern waren die christlichen Feldgeistlichen geworden Und die gibt es noch heute. Bischöfe begleiteten im Kampf Konstantins gegen Licinius das römische Heer, das kaiserliche natürlich, beteten und segneten die Waffen und das Heer und ermunterten die Soldaten des Kaisers, im Namen Gottes Man für Mann des Gegners niederzuschlagen. Und so preist Kirchenvater Anastasius 100 Jahre nach Cyprian und Origines das von denen so nachhaltig verdammte Töten im Kriege. "Morden ist nicht erlaubt, schreibt Anastasius, in Kriegen jedoch ist es gesetzlich als lobenswert, Gegner zu töten. Die Gegner, das waren unter anderen abweichende christliche Strömungen. Vor Konstantin hatte es viele christliche Strömungen gegeben. Nun setzte sich die katholische durch, zumeist mit Gewalt, Krieg und Mord gegen die anderen christlichen Strömungen. Die neue Kriegsethik, sie wurde zunächst an den eigenen Glaubensbrüdern exekutiert. Und so konnte Bischof Gregor von Natians nun das berühmt berüchtigt gewordene Wort von Feuer und Schwert prägen. Und Kirchenlehrer Augustinus, der angeblich bedeutendste aller Zeiten, die Formel vom heiligen und vom gerechten Krieg predigen. Er war es übrigens auch, von dem der Satz stammt: "Es sei eigentlich unverständlich, dass sich die Leute über den Krieg aufregen, da in Kriegen doch Menschen umkämen, die ohnehin sterben müssten." "Freilich, so Augustinus, dient der Krieg, wenn er denn von frommen und heiligen und betenden Menschen geführt werde, stets einem höheren Zweck, nämlich der Verteidigung der göttlichen Ordnung." Ein Denk- und Argumentationsmuster, das bis heute lebendig geblieben ist. Und das wir etwa auch in den Soldatenpredigten des Kardinals Meisner heute fast wortwörtlich hören können.

Ähnliches gilt übrigens auch für das Thema der Todesstrafe. Hatte die vorkonstantinische Kirche die Todesstrafe noch eindeutig verworfen und abgelehnt,wohl auch mit Gedenken an die eigenen Märtyrer-Opfer, so verfocht die nachkonstatinische Kirche mit eben solchem Eifer die Berechtigung und die Notwendigkeit der Todesstrafe. Abweichenden christlichen Gruppierungen, die an der urchristlichen Lehre vom Pazifismus und der Verurteilung der Todesstrafe festhielten, wurden die neuen Lehren mit Gewalt aufgezwungen. Die urchristliche Lehre war somit zur Häresie, zum Ketzertum geworden, auf das die Todesstrafe stand. So wurde aus der Friedenskirche eine Kriegskirche und eine Blutspur von Krieg und Massenmord zieht sich durch die Geschichte des sogenannten christlichen Abendlandes.

Im Jahre 1095 hetzte Papst Urban II. in Clermont zum ersten Kreuzzug und er prägte dabei das über die Jahrhunderte berühmt berüchtigt und verhängnisvoll gewordene Wort "Deus vult", Gott will es. Gott will den Krieg, Gott will die Gewalt! Und der Papst forderte sogar alle Räuber und Mörder auf, an diesem heiligen Geschehen teilzunehmen, denn ihrer werde dann das Himmelreich sein. Ob Kreuzzüge oder Inquisition, Judenverfolgungen oder die Eroberung des amerikanischen Kontinents und die fast vollständige Ausrottung und Vernichtung der indigenen Ureinwohner, immer war es Gottes Wille, der Feuer und Schwert im Zeichen des Kreuzes befahl.

Nicht zu vergessen, die Hexenverfolgungen, den jahrhundertelangen Krieg des christlichen Partiachats gegen die verhassten Frauen. Ihm fielen vom fünfzehnten bis ins achtzehnte Jahrhundert hinein nach unterschiedlichen Berechnungen zwischen einer Million bis neun Millionen Menschen zum Opfer, basierend auf den Hexenbulle von Papst Innozenz VIII. aus dem Jahre 1484. Da wollte auch die sogenannte Reformation nicht zurückstehen, allen voran Martin Luther.

Auf dessen wütenden und hier nicht zitierfähigen Antisemitismus berief sich später noch Adolf Hitler. Und während des Bauernkrieges im Jahre 1525 forderte Luther die Landesfürsten auf, das aufständische Volk, den Pöbel, schlicht und ergreifend niederzumetzeln. Das liessen sich die Herren nicht zweimal sagen. So entwickelte sich neben der katholischen eine spezifisch protestantische Kriegsrethorik. Und die Feldgeistlichen beider Konfessionen hetzten ihre Fürsten und ihre Gläubigen in Glaubenskriege gegeneinander, gipfelnd im 30-jährigen Krieg, dem alleine in Deutschland die Hälfte der Bevölkerung zum Opfer fiel. Natürlich war die kriegführende Kirche auch eine waffensegnende Kirche, wie sollte es auch anders gewesen sein.

Mit der Aufklärung des achtzehnten Jahrhunderts ging der Einfluss der Kirchen langsam zurück. Es traten andere geistige und politische Mächte auf den Plan. Doch die jahrhundertelange Prägung Europas durch christliche Institutionen, christliche Ideen, christliche Erziehung sicherte den christlichen Einfluss auf das Denken der Menschen und das Handeln der Politik bis in unsere Tage.

Zwar konnte der Papst selber keine Heere mehr ausrüsten und ins Feld schicken, aber Päpste und Bischöfe, Theologen und Geistliche konnten Millionen Menschen dazu animieren und ermutigen, für bestimmte angeblich hoch heilige Ziele nach wie vor in den Krieg, ins Feld und in den Tod zu ziehen.

Machen wir einen großen Schritt voran und schauen uns einige Beispiele aus unserem zu Ende gehenden, dem 20. Jahrhundert an.

Der erste Weltkrieg von 1914 bis 1918, ein Völkergemetzel um Macht und Einfluss, um Absatzmärkte und Profit, um Hegemonie und Kolonien, ein Krieg, der vor allem deshalb möglich wurde, weil Deutschland seine expansionistischen Ziele mit aller Gewalt durchsetzen wollte. In einer Kriegspredigt hetzte der evangelische Theologe und Pfarrer Zurhellen im Jahre 1914 auf folgende Weise: "Jeder Säbelhieb und jede Granate, womit wir unser Lebensrecht erzwingen, ist von Gott gesegnet." Und weiter der führende protestantische Theologe Zurhellen: "Nein, wir haben kein schlechtes Gewissen, wir kämpfen mit Gott und für seine Sache." Und der ebenfalls führende evangelische Theologe Pischt sekundiert seinem Kollegen Zurhellen in grotesker Verkehrung der christlichen Überlieferung. Zitat: "Der Gekreuzigte steht dem männermordenden Kampf nicht fremd und ablehnend gegenüber. Er weiss, was Wunden wert sind." Und der Theologe Schneller, ebenfalls Protestant, forderte sogar das fünfte Gebot, "Du sollst nicht töten!", schlicht und ergreifend abzuschaffen.

Die Katholiken, die nun nicht mehr gegen die Protestanten, sondern gemeinsam mi diesen für den nationalen Wahn kämpften, wollten da nicht zurückstehen. Der Jesuit Lippert schrieb 1914 in der führenden katholischen Zeitschrift "Stimmen der Zeit", Zitat: "Die Erhebung des deutschen Volkes ist wahrhaftig zum Gottesdienst geworden. " - Eine Figur übrigens, eine Argumentation, die Joseph Göbbels dreissig später in seiner Sportpalastrede wieder aufgreifen sollte in dem er sagte: "Und wir gehen in diesen Kampf wie in einen Gottesdienst."

Weiter der Jesuit Lippert in den "Stimmen der Zeit" von 1914: "Wir haben gebetet um den Sieg unserer Waffen und damit um Niederlage, um Ruin und Tod für unsere Feinde. Und wir durften es auch tun, denn wir hatten vorher unser Kriegs-Gebet geprüft an den Geboten des Evangeliums. Wir hatten unsere nationale Begeisterung den Satzungen des Christentums unterworfen." Und weiter ein paar Zitate aus den "Stimmen der Zeit", die deshalb so wichtig sind, weil dieses Periodikum die offizielle jesuitische Position vertrat und vom Vatikan abgesegnet war.

Zitate: "Der Schlachtendonner schafft Stille für die Laute des Himmels." "Das ganze Land wurde zum Gotteshaus."

"Das religiöse Leben blüht bei unseren Truppen in der schönsten Weise." "Gewaltig ist der Gewinn an inneren Werten, den uns schon die ersten Tage der Mobilmachung und des ersten heissen Ringens gebracht haben."

"Es staunt unser Volk und mit ihm die Welt ob der Fülle tiefer heiliger Kraft, die sich plötzlich in ihm regte. Es hat sich selbst sein Bestes wieder gefunden."

Und denjenigen, die in diesem Krieg etwas verloren, konnten die katholischen "Stimmen der Zeit" wie gesagt, die jesuitische Lehrmeinung und abgesegnet vom Vatikan Tröstliches mit auf den Weg geben. Zitat: "Invaliden, die einen Arm verloren haben, sind meistens gute Fussgänger." Und auch der Rekurs ins Mittelalter dessen Denken sich wahrhaftig nicht verloren hatte, durfte nicht fehlen. Für Lippert jedenfalls war dieser Krieg, Zitat: "Nicht allein ein Sieg der besseren Kanonen, sondern vor allem ein Sieg des gesammelten und ernsten, des sittlichen und christlichen Geistes, ein Sieg des guten und edlen Menschentums. Und im Interesse der Menschheit, ja selbst unserer Feinde, liegt es, dass unser Menschentyp sich behaupte und durchsetze. Ein wahrhaft sittlicher und gerechter Krieg ist ja in seinem tiefsten Wesen mehr als ein Massenmord und eine Kulturzerstörung. Nein, heute führt unser Volk einen Kreuzzugskrieg. Denn jeder Krieg, der um Ideen und Ideale geführt wird, nicht um Geld und Land allein, solch ein Krieg hat immer etwas von einem Kreuzzug. Da ist der Krieg selbst ein Gottesdienst, ein wahrhaft heiliger Krieg. In einem heiligen Krieg sind unsere Brüder gefallen. Ihr Tod war trostreich und schön!", schreibt der Jesuit Lippert im Vollsaft seines Lebens. "Ihr Tod war trostreich und schön, wie der Tod eines Märtyrers". Zitatende.

So hallte es in allen kriegsführenden Nationen von den Kanzeln herab. Und der Papst forderte die Soldaten aller Länder auf, ihre Pflicht zu tun. Das heisst sich selbst und sich gegenseitig im Namen Jesu Christi umzubringen.

Bertold Brecht formuliert das in seiner Ballade vom Soldaten sehr drastisch. "Und weil der Soldat nach Verwesung stinkt, drum hinkt ein Pfaffe voran, der über ihm ein Weihrauchfass schwingt, dass er nicht stinken kann." Und der Dichter Johannes R. Becher berichtet aus seiner Erinnerung. "Am Bahnhof stand ein Priester und sang, willkommen hier für Gott und Kaiser, Granaten brauchen wir, Granaten, Granaten, Granaten ..."

Wir erinnern uns, jeder Säbelhieb, jede Granate ist von Gott gesegnet, so der protestantische Prediger und Theologe Zurhellen. Da fällt einem nur noch Goethe ein: "Nennen sich Christen und unter ihrem Schafspelz sind sie reissende Wölfe."

Das Ende des ersten Weltkrieges brachte keineswegs Frieden, schon gar nicht den Frieden der Theologen, der meisten Theologen und Prediger mit der neuen demokratischen Republik oder jedenfalls dem unvollkommenen Versuch dazu. Sie stellten sich gegen die verderbliche republikanische Staatsordnung. Sie sehnten Kaiser, Reich und einen neuen Autoritarismus herbei. Und auch sie trugen ihr Teil dazu bei, dass die Weimarer Republik nur ein Zwischenspiel wurde, auf dem Weg in eine neue Diktatur und auf dem Weg in einen neuen Krieg.

Der Vatikan machte Hitler durch den Abschluss eines Konkordats, also eines Staatsvertrages mit dem dritten Reich hoffähig und er befahl der von ihm abhängiger Zentrumspartei im Reichstag, Hitler's Ermächtigungsgesetz zuzustimmen.

Und auch die Protestanten standen nicht zurück. Die Protestanten hatten ohnehin schon vor dem Ersten Weltkrieg die völkischen und alldeutschen Tendenzen in ihrer Mehrheit unterstützt und gefördert. Sie stellten sich nun auf die Seite des neue Regimes. Und selbst die bekennenden Christen protestierten nur gegen Eingriffe i religiöse Rechte der Kirche, nicht aber gegen das Regime, nicht gegen seinen Antisemitismus und nicht gegen seine Kriegsvorbereitungen.

Wir wollen uns an dieser Stelle ersparen zu zitieren, mit welcher Begeisterung v[ allem der katholische Klerus Italiens, der Vatikan, deutsche und österreichische Bischöfe den Überfall des faschistischen Mussolini-Italiens auf Abessinien, das heutige Äthiopien, und seine Giftgas-Angriffe auf die dortige Bevölkerung kommentierten und absegneten. Im wahrsten Sinne des Wortes segneten. Und wir wollen au das besonders düstere Kapitel des spanischen Bürgerkrieges übergehen, in dem si der Vatikan und natürlich auch die italienischen, deutschen und österreichisch Bischöfe eindeutig auf die Seite des faschistischen Putschisten Franco stellten. "Hundertmal gesegnet und ruhmreich", so nannte die offizielle vatikanische Zeitschrift "Cevilta Cattolica" den Papst abostrophierend Franco's Putsch.

Der zweite Weltkrieg, er begann mit dem Überfall Nazi-Deutschlands auf das zutiel katholische Polen. Wie verhielten sich die Kirchen, allen voran die katholische' Das Konkordat, das Hitler international überhaupt erst hoffähig machte, ist bereits erwähnt worden. So hatten die deutschen Bischöfe immer wieder mahnend ihre eigenen religiösen Rechte hingewiesen. Also sich vor Konfessionsschule stellt, also die Priesterausbildung von staatlichem Einfluss freizuhalten versucht also die Unabhängigkeit kirchlicher Krankenanstalten betont usw.. Aber im Übrig einige Beispiele:

Bischof Bornewasser aus Trier verkündet: "Aufrechten Hauptes und festen Schritts sind wir eingetreten in das neue Reich und sind bereit, ihm zu dienen mit dem Ersatz aller Kräfte unseres Leibes und der Seele."

Weihbischof Burger: "Die Ziele der Reichsregierung sind längst schon die Ziele unserer katholischen Kirche."

Und der Münchener Kardinal Faulhaber, der wegen einiger kritischer, aber doch nur auf die inneren Rechte der katholischen Kirche bezogener Bemerkungen heutzutage von der katholischen Hausapologie gern zum Widerstandskämpfer umgelogen wird, schrieb Hitler einen handgeschriebenen Brief, in dem er unter anderem ausführt:" Uns kommt es aufrichtig aus der Seele, Gott erhalte unserem Volk unseren Reichskanzler."

Und der führende katholische Theologe Michael Schmaus erkannte wissenschaftlich:

"Die Tafeln des nationalsozialistischen Sollens und die der katholischen Imperative weisen in dieselbe Wegrichtung." Und die Wegrichtung wies in Richtung Krieg.

"Immerhin, so der Theologe Lortz, ging es um die Rettung Deutschlands und Europas vor dem Chaos des Bolschewismus." Für ihn sind Katholizismus und Nationalsozialismus grundlegend verwandt, so dass man ihm ein volles Ja zusprechen muss.

So forderte Kardinal Faulhaber konsequenter Weise bereits 1934 in einem Hirtenbrief wieder das, was die Bischöfe der Republik verweigert hatten, immer wieder Ehrfurcht und Gehorsam vor der staatlichen Obrigkeit. Angesichts dessen, was fünf Jahre später daraus werden sollte, fühlt man sich schon an Nietzsche erinnert, was er im Zarathustra über den Staat schreibt: "Staat,was ist das? Staat heisst das kälteste aller kalten Ungeheuer!" Wahrlich ein Herzensdienst allen Predigern des Todes. Und die Prediger des Todes, sie predigten eifrig weiter. So etwa der Freiburger Erzbischof Gröber, der kurz vor Ausbruch des Krieges mit Hinweis auf ein Wort des Papstes Leo XIII. ausführte: "Es gibt im Krieg, wohlgemerkt im Krieg und Frieden keinen besseren Bürger als einen pflichtbewussten Christen." Als Hitler 1936 in Liquidation der letzen Reste des Versailler Abkommens von 1918 ins entmilitarisier te Rheinland einzog, da begrüsste der Kölner Kardinal Schulte in einem Telegramm an Hitler, Zitat: "Die berufenen Waffenträger unseres Volkes mit ergriffener Seele."

Und als Hitler 1938 Österreich besetzte, da begrüssten ihn die österreichischen Bischöfe bis auf einen, mit grösster Begeisterung und beschlossen ihren Aufruf an das österreichische Volk zu Hitler zu stehen, mit dem deutschen Gruss.

Und als Hitler dann im Herbst desselben Jahres in brutaler, völkerrechtsverletzender Weise die Tschechoslowakei besetzte, sandte die Fuldaer Bischofskonferenz an den Usurpator eine Glückwunschadresse. Und noch kurz vor Kriegsbeginn gab der Bischof von Münster, der berühmte Graf Galen, fälschlicher Weise gleichfalls als Widerstandskämpfer hochgepriesen, ein sogenanntes Vademecum für den katholischen Soldaten heraus. Darin steht unter anderem: "Der Führer verkörpert die Einheit des Volkes und des Reiches. Er ist der oberste Träger der staatlichen Gewalt. Ihm als solchen zu gehorchen ist der christliche Deutsche auch ohne Eid im Gewissen gebunden. Ist dem deutschen Soldaten solche Treue seinem Führer und obersten Befehlshaber zu geloben, schon leicht gemacht, weil er in ihm das Vorbild wahrhaft soldatischen Wesens und soldatischer Treue erkennt, weil er seine Treue einem Manne schenkt, der den Sinn seines Lebens in der Mehrung der Grösse und Ehre seines Volkes sieht und Tag und Nacht selbst das Beispiel der Treue gibt, dann wird der christliche Soldat erst recht sein Gelöbnis in Ernst und Freudigkeit des Herzens sprechen können, weil ihn sein Glaube lehrt, in der Person des Herrschers über die rein menschlichen Fähigkeiten und Leistungen hinaus, die ihm von Gott verliehene Herrlichkeit und Ehre zu erkennen und anzuerkennen."

Und nach dem Überfall auf das katholische Polen und ein paar tausend katholische polnische Glaubensbrüder waren schon von der deutschen Soldateska ums Leben gebracht worden, betete ebenfalls Graf Galen, der Bischof von Münster und liess seine Priester beten: "Allmächtiger ewiger Gott! Wir bitten Dich, schütze alle Angehörigen unserer Wehrmacht und erhalte sie in Deiner Gnade. Stärke die Kämpfenden!"

Im November 1939 zelebrierten die deutschen Bischöfe aus Anlass der Errettung Hitler's vor dem misslungenen Bürgerbräu-Attentat des Georg Elsner in München Dankesgottesdienste. Und der Augsburger Bischof Humpfmüller predigte 1940, kurz vor dem Überfall auf Frankreich und die BE-NE-LUX-Länder: "Der Christ sei immer der beste Kamerad, der Christ bleibt der Fahne treu, der er Ergebenheit geschworen hat komme, was kommen mag." Und Bischof Bornewasser von Trier:"Wir müssen jedes Opfer tun, das die Situation von uns verlangt. Die Gläubigen hätten alle ihre inneren und äusseren Kräfte in den Dienst des Volkes zu stellen.

Die tatsächliche Haltung der katholischen Kirche in Deutschland zum Hitler-Krieg, die nach 1945 immer wieder apologetisch verschleiert worden ist oder zu mindest hat man den untauglichen Versuch unternommen, kommt auch in dem katholischen Militär Gebet- und Gesangsbuch von 1940 zum Ausdruck, dass der Feldbischof der Wehrmacht Franz Justus Rakowski zusammen gestellt hat. Es steht darin unter anderem, Wehrpflicht ist Ehrpflicht! Was Deutschland gross gemacht hat, ist nicht zuletzt dem Soldatenstande zu danken. Er ist eine Schule der Tapferkeit, die Geburtsstätte grosser Helden, ein Schauplatz der Ehre und des Ruhmes. Halte Dich an die Parole: Mit Gott für Führer, Volk und Vaterland. Lasset uns beten. Segne o Herr besonders unseren Führer und obersten Befehlshaber der Wehrmacht in allen Aufgaben, die ihm gestellt sind. Lass' uns alle unter seiner Führung in der Hingabe an Volk und Vaterland eine heilige Aufgabe sehen."

Und nach dem Überfall Hitlers auf die Sowjet Union im Sommer 1941 trommelte der katholische Feldbischof ein Hirtenwort an die katholischen Wehrmachtsangehörigen herunter, in dem er unter anderem bramarbasiert(aufschneidet). Wie schon oft in der Geschichte ist Deutschland in der Gegenwart zum Retter und Vorkämpfer Europas geworden. Viele europäische Staaten wissen es, dass der Krieg gegen Russland ein europäischer Kreuzzug ist. Dieses starke und verpflichtende Erlebnis Eures Einsatzes im Osten wird Euch zu Bewusstsein bringen, wie unsagbar gross das Glück ist, dass wir Deutsche sein dürfen."

Und die bayrischen katholischen Bischöfe erklärten zur gleichen Zeit in einem gemeinsamen Hirtenbrief: "Wir wissen wie notwendig und wichtig es ist, dass in solcher Lage jedermann ganz und gern und treu seine Pflicht erfüllt und nicht anfängt zu zagen und zu klagen. Darum richten wir heute an Euch ein Wort der Ermahnung, dass Euch ermuntern möchte in gewissenhafter Pflichterfüllung und ernster Berufsauffassung die ganze Kraft einzusetzen im Dienst des Vaterlandes und der teuren Heimat." Unterzeichnet wurde dieses väterliche Hirtenwort von Kardinal Faulhaber, Erzbischof von München, dem Erzbischof von Bamberg, den Bischöfen von Speyer, Würzburg, Regensburg, Augsburg, Eichstätt und Passau.

Eine deutlichere Ermahnung, sich im Krieg abschlachten zu lassen oder zu schlachten, je nach dem, wie befohlen, kann man sich wohl kaum denken.

Und eine Denkschrift aller katholischen Bischöfe Deutschlands vom 10. Dez. 1941 bekennt sich eindeutig zum Überfall Hitler's auf die Sowjet Union. Zitat: "Wir begleiten unsere Soldaten mit unseren Gebeten und Gedenken in dankbarer Liebe der Toten, die ihr Leben für ihr Volk hingaben. Wir haben immer wieder zu treuer Pflichterfüllung, zu tapferem Ausharren, opferbereitem Arbeiten und Kämpfen im Dienste unseres Volkes in schwerster Kriegszeit eindringlichst aufgerufen." Und weiter: "Mit Genugtuung verfolgen wir den Kampf gegen die Macht des Bolschewismus, vor dem wir deutschen Bischöfe in zahlreichen Hirtenbriefen die Katholiken Deutschlands gewarnt und zur Wachsamkeit aufgerufen haben." Kampf gegen den Bolschewismus, das hiess, Überfall auf ein fremdes Land, das hiess Massengräber, Massen-Exekutionen, das hiess Gaswagen, in denen zehntausende von Juden umgebracht wurden, Kampf gegen den Bolschewismus, das hiess, dass die Mordmaschine von Auschwitz auf Hochtouren anlief. Doch darüber kein einziges Wort bis zum Ende des Krieges von diesen deutschen Bischöfen. Statt dessen da s Gefasel etwa des Bamberger Erzbischofs Kolb noch im Jahre 1944:"Wenn Armeen von Soldaten kämpfen, dann muss eine Armee von Betern hinter der Front stehen." Genug solch grauenhafter Kriegstheologie. Die Worte der Bischöfe sind verklungen. Sie werden von ihren Interpreten und Apologeten im Nachhinein umgedreht, verfälscht, entstellt, verharmlost. Nachlesen kann man immerhin, was die katholische Kirchenzeitung für die Erzdiozöse Köln zum 52. Geburtstags Hitlers am 20. April 41 schrieb: "Es gibt nur wenige Männer und zu diesen grossen Männern gehört unstreitig der Mann, der heute seinen 52. Geburtstag feiert, Adolf Hitler. Am heutigen Tag versprechen wir ihm, dass wir alle Kräfte zur Verfügung stellen, damit unser Volk den Platz in der Welt gewinnt, der ihm gebührt."

Diesen Platz gewann das deutsche Volk dann vier Jahre später durch die restlose Niederlage und die bedingungslose Kapitulation.

Hatten die Kriegstheologen nach 1945 dazugelernt? Immerhin hatten die deutschen Bischöfe noch im Jahre 1942 verkündet,ein Sieg über den Bolschewismus wären gleich bedeutend mit dem Triumpf der Lehren Jesu über die der Ungläubigen. Warum plötzlich entdeckten sie, dass sie nicht etwa einem Erzengel nachgefolgt waren, sondern dass das deutsche Volk einem Dämon aufgesessen sei. Sie flüchteten sich in ontologische Beschwörungen von Schicksal und Verworfenheit. Sie verdrehten und verharm-losten ihre eigene Rolle und sie kämpften weiter. Sie kämpften weiter gegen Modernismus, Zersetzung, sexuelle Freizügigkeit und Bolschwismus. Und alle, alle waren sie wieder dabei die Frings und Faulhaber und Gröber und wie sie alle hiessen. Hatte Faulhaber noch nach dem Scheitern des Putsches vom 20. Juli in der Münchener Frauenkirche einen Dankgottesdienst und ein Tedeum absolviert, so raunte er 1945 der Nazismus dürfe nicht mehr aufleben. Und er log frech, die deutschen Bischöfe haben von Anfang an vor den Irrlehren und Irrwegen des Nationalsozialismus ernstlich gewarnt. Und sein Atlatus, der Prälat Josef Neuhäusle, flunkerte im Jahr 1946 frech: "Kraftvoll sei der Widerstand gewesen, der sich in der katholischen Kirche gezeigt habe bereits vom Jahre 1933 ab." Sonst blieb alles beim Alten. Wenige Jahre nach dem Krieg hatten sich die konservativen Kräfte wieder erholt, waren in alter Selbstgewissheit erstarkt. Und Staat und Kirche, Regierung und Episkopat, auf Personen umgemünzt, Adenauer und Frings, regierten die neue Bundesrepublik. DiE Feindbilder waren die alten geblieben und die Methoden ihnen zu begegnen desgleichen. Und so war es der kölner Kardinal Frings, der auf dem Katholikentag in Bonn am 23. Juni 1950 die Wiederaufrüstung Deutschlands, die Neueinführung einer bewaffneten Macht, eines Heeres, einer Armee forderte. Ein Friede sei nur akzeptabel" wenn er auf der Gottesordnung beruhe, ein Friede also ohne Bolschewismus. Zitat Kardinal Frings, am 23. Juni 1950, 5 Jahre nach dem Völkergemetzel: "Ein Eintreter für eine uneingeschränkte und absolute Kriegsdienstverweigerung ist mit der christlichen Gedanken nicht vereinbar. Es ist eine verwerfliche Sentimentalität und ein falsch gerichtetes Humanitätsdenken, wenn man aus Furcht vor den Leider eines Krieges jegliches Unrecht geschehen liesse. Nach den Gedanken des Papstes ist also eine Kriegsführung die gegen das Unrecht gerichtet ist, nicht nur ein Recht sondern sogar eine Pflicht aller Staaten." Wiederholung, nach den Gedanken de~ Papstes, das war Papst Pius XII. der frühere Hitlerförderer und Nuntius in Berlin Eugenio Pacelli, nach den Gedanken des Papstes, so Kardinal Frings, ist also eine Kriegsführung, die gegen das Unrecht gerichtet ist, nicht nur ein Recht, sondern eine Pflicht aller Staaten. Der echte Frieden kann nur auf der Gottesordnung beru hen, also auf dem christlichen Abendland. Wo immer aber diese angegriffen wird müssen die Völker auch mit Waffengewalt, die gestörte Ordnung wieder herstellen Man muss diese Sätze revuepassieren lassen. Fünf Jahre nach den Völkermorden, fün Jahre nach dem die deutschen Bischöfe ein Sieg im Kriege Hitler's noch als eine Sieg des Christentums Über die Mächte der Finsternis und der Zerstörung herbei gefleht hatten, predigt Kardinal Frings nun die Führung eines neuen Krieges gegen die angeblichen Mächte der Zerstörung und der Finsternis und es sind dieselben geblieben. Es ist der böse Bolschewismus, gegen den ohne Umschweif und langes Gered über Verteidigung und Notwehr schlicht und ergreifend die Führung eines Kriege gefordert wird. Denn die gestörte Ordnung kann nur dadurch wieder hergestellt wer den, das der Störer, also das feindliche Lager beseitigt wird.

Das hätte zwar bedeutet, einen globalen nuklearen Vernichtungskrieg zu riskieren.

Aber dies war für die Ideologen der abendländisch christlichen Totalität offensichtlich akzeptabler als der Friede oder zumindest der Versuch eines Auskommens mit dem gegnerischen System. Die alte Kreuzzugsideologie, sie war, sie ist lebendig. Diese Rede von Kardinal Frings war das entscheidende öffentliche Signal zur politischen und gesellschaftlichen Durchsetzung der Wiederaufrüstung. Zwar ist aus dem präventiven Angriffskrieg nie etwas geworden. Sieht man sich aber konservative Publikationen jener Zeit durch, schaut in Debatten des Bundestages, so wird man immer wieder christliche Stimmen dieserart finden von Bischöfen bis zu Mandatsträgern der CSU, die schlicht und ergreifend den nuklearen Präventivkrieg gegen die Sowjet Union und ihre Verbündeten als Weg in eine neue christlich abendländische Weltordnung offen forderten. Und wenn es in den 50-zigern und frühen 60-ziger Jahren keine Auseinandersetzung zwischen den sich antagonistisch gegenüber stehenden

hochgerüsteten Systemen gab, so ist dies gewiss nicht das Verdienst der deutschen Bischöfe und der mit ihnen verbundenen Publikationen und Ideologen. Sie gossen Öl ins Feuer. Kein Wunder auch, dass sich viele katholische Institutionen und Bischöfe für verurteilte Kriegs- und Nazi-Verbrecher einsetzten, die dann sehr bald wieder als Offiziere und Generäle in der Bundeswehr ihren Dienst antreten kannten. So ist es auch nur konsequent, dass Adenauer einmal äußerte, unsere Wiederbewaffnung wird nicht aus militärischen Gründen geschehen. Für ihn sei sie eine Weltanschauungsfrage. Und deutlich gab der Verteidigungsminister Franz Josef Strauss Ende der 50ziger Jahre die Parole aus, sie wissen dass die Macht hinter dem eisernen Vorhang in den Händen von Männern ist, für die Verantwortung vor Gott keine Rolle spielt.

Dafür sind wir Soldaten, damit diese Macht nicht gegen uns gebraucht werden kann, dass die Macht aus atheistischen Händen wieder in christliche Hände übergeht. Wie hatte schon Napoleon gesagt, es gibt keine Menschen, die sich besser verstehen, als Priester und Soldaten. Kein Wunder auch, dass ein Mensch zum Generalvikar der Bundeswehr werden konnte, der im Dritten Reich unter anderem schrieb: "Das Christentum belehrt uns, dass nur die Gewalttätigen das Himmelreich an sich reißen. Beim Fahneneid ist ein feierliches Bekenntnis zum Führer. Dieser Generalvikar, der unablässig gegen das östliche Untermenschentum hetzte, hieß Georg Wertmann.

Und so hieß es dann auch im ersten katholischen Gebet- und Gesangbuch für die Bundeswehr: "Die Pflicht, die ich erfülle, ist mir von Gott auferlegt. Ich weiß, Gott ist stets an meiner Seite. Als sein Kämpfer muss ich mich bewähren." Denn Gott darf in keinem Krieg vergessen werden. Immerhin verkündete Kardnial Höffner noch 1964 in seiner christlichen Gesellschaftslehre, das System des atheistischen Bolschewismus sei, so in Anknüpfung an Kardinal Frings, das System des atheistischen Bolschewismus sei eine Bedrohung der höchsten Güter der Menschheit und der göttlichen Ordnung gegen das jede Verteidigung gerechtfertigt sei, also auch der präventive Schlag. Heute sagt man das nicht mehr so deutlich, denn der System-Gegner existiert nicht mehr. Doch wogegen heisst uns Kardinal Meisner zu kämpfen, wenn er predigt: "Waffen in betenden Händen können niemals missbraucht werden. Ein Hohn übrigens auf die Millionen Opfer solcher Kriegstheologie. Betende Hände waren all zu oft mordende Hände.

Aus: NW-INFO Nr. 1/1999 (Deutscher Freidenker-Verband NRW)

 

DFV Ostwürttemberg e.V.

Zur Seite des DFV Ostwürttemberg

Zurück zur Homepage

Senden Sie uns Ihr eMail: